Mark Britton
“Apatschen à gogo”

Über Mark Britton und seine Partnerin Krissie Illing, die Mitte der 80er Jahre als legendäres Duo “Nickelodeon” auftraten, habe ich damals vor dem Fernseher Tränen gelacht. Als ich im März 2000 las, dass Mark Britton mit einem Soloprogramm im Bonner Pantheon-Theater auftrat, war ich natürlich sofort dabei. Es war so umwerfend gut, dass ich jetzt unbedingt nochmal hingehen musste.

6. Dezember 2000, Pantheon-Theater Bonn.
Die Bühne ist fast leer. Ein schmales Plexiglas-CD-Regal, das von einem Porzellan-Nachttopf gekrönt ist, steht als Requisitenständer am linken Rand, und ein Garderobenständer mit diversen Anziehsachen steht rechts. Nichts deutet darauf hin, dass hier gleich ein einzelner Brite mehr als zwei Stunden lang ein wahres Comedy-Feuerwerk auf die Zuschauer abfeuern wird. Es fängt auch alles ganz ruhig an. Mark Britton kommt auf die Bühne und beginnt (keine Sorge: auf Deutsch mit nettem britischen Akzent) von seiner Kindheit in Basingstoke zu erzählen. Ein langweiliger Ort, in dem die Häuser alle gleich aussehen, und auch die Väter sich nicht unterscheiden. Damit beginnt seine Show und er verwandelt sich zum sprechenden Comicstrip.

Es ist 1965 in Basingstoke und er hat zwei Freunde: Gary Parker und Janis Bond. Mit ganz wenigen Requisiten, aber ausgeprägter Mimik und treffender Körperhaltung schafft es Mark Britton alle wichtigen Personen seiner Kindheit auf der Bühne zum Leben zu erwecken. Ob es die dicke Aunt Lillian, der unangenehme Klassenkamerad Sidney, oder dessen Bulldogge Billy ist, er spielt sie alle so unverwechselbar treffend, dass man auch in Szenen mit mehreren Personen problemlos den Überblick behält. Als Zuschauer ist man sofort in der Situation drin und erlebt sie mit. Einfach klasse! Das ist sehr gekonntes Straßentheater auf der Bühne. Dazu passende Geräusche, punktgenaue Lichteffekte und treffende Musik an den richtigen Stellen - es stimmt einfach alles!

Mark, Gary und Janis sind 6 Jahre alt und stolze Apatschen, die fest zusammenhalten und ihren Bund mit Blutsbrüderschaft besiegeln. Gemeinsam kämpfen sie sich durch die Erfahrungen der Kindheit, die vom verschwundenen Onkel Houdini, über Ahoi-Brause und Doktorspiele reichen, bis Janis plötzlich wegziehen muß. Supergut, wie Mark Britton es schafft, das laute Gelächter in wenigen Sekunden in ganz stille Rührung zu bringen. Die hält allerdings nicht lange an, denn...

...die nächste Szene spielt 10 Jahre später, 1975 . Immer noch in Basingstoke durchlebt der 16jährige Mark die Qualen der Pubertät. Es ist wirklich zum Schreien komisch, wie Mark Britton Szenen darstellt, die man selber im schlimmsten Fall ähnlich erlebt hat. Seine scharfe Beobachtungsgabe und sein tolles darstellerisches Können erwecken komplette Teenie-Parties zum Leben, und man meint das Gedränge im Zimmer zu erkennen und fühlt die Unsicherheit, die in diesem Alter dazugehört. Mark auf dem Weg zum Erwachsenwerden und der verzweifelten Suche nach sexueller Erfahrung. Das alles in rasantem Tempo und mit irrem Witz. Spätestens hier gibt es im Publikum die ersten hartnäckigen Lachanfälle.

10 Jahre später, 1985, lebt Mark in London und ist erfolgloser Drehbuchautor und noch erfolgloserer Staubsaugervertreter. Er trifft seine große Liebe Janis wieder und die beiden ziehen zusammen. Hört sich alles gar nicht so witzig an, aber was Mark Britton aus diesem Teil seiner Geschichte macht, ist der Wahnsinn! Nicht nur, dass ein Mädel vor der Bühne vor Lachen wirklich fast zusammenbrach, das komplette Publikum japste sich nach Luft ringend durch die Szenen. Besonders der Teil, in dem es um die Verhütung ging. Mir liefen die Lachtränen unhaltbar am Gesicht herunter, ich konnte nicht mehr gerade sitzen und stand kurz vor einem wirklich extremen Lachanfall! Es war einfach unglaublich komisch und ich lache wirklich schon viel, aber selten so sehr wie dort. Aber selbst hier schaffte es Mark Britton schon kurze Zeit später eine so rührend traurige Szene zu zeigen, dass mir fast schon wieder die Tränen kamen. Hach, war das traurig! Ein Auf und Ab der Gefühle wie im richtigen Leben. Nur viel schneller.

Die letzte Szene spielt 1995 in New York und ist so richtig schön abgedreht. Bond-Fans kommen auf ihre Kosten, denn Mark Britton stellt diesmal Janis Bond dar, die wirklich aufregende Sachen erlebt. Das ist auch die Überleitung zu dem sehr schönen Schluß des Abends, in dem Mark Britton in einer Kurzfassung von zwei Minuten die wichtigen Erlebnisse im Leben von Mark pantomimisch zusammenfasst. Es zeigt das Können von Mark Britton, dass man wirklich sofort weiß, wer und welche Szenen gemeint ist. Einfach schön und irgendwie auch melancholisch, so am Ende des Programmes.

Viel Applaus am Schluß und ich bin immer noch begeistert!! Natürlich hätte ich hier noch mehr und vor allem viele der Gags erzählen können, aber das muß man einfach live sehen! Ich habe es darum auf die Rahmenhandlung beschränkt und kann nur sagen:                                   Unbedingt hingehen!!!

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Anmerkung vom 31.1.2001: Als ich das Programm gestern zum drittenmal sah, wunderte ich mich im ersten Teil, warum der Schrank nicht auf der Bühne stand. Der schwarze mit den beiden Türen, in den der Reverend gestellt wird. Bis mir plötzlich klar wurde, dass es nie einen Schrank gegeben hat! Mark Britton hatte nur so anschaulich gespielt, dass ich mir den Schrank ganz genau vorstellen konnte. Heißt das nun, dass Mark Britton genial spielt, oder dass ich total blöd bin? Egal, ich war beeindruckt!

Infos gibt es bei:    www.markbritton.de