23.12.2004   MMG-Studios, Hürth
     Cordula Stratmann, Annette Frier, Dirk Bach, Maddin Schneider, Georg Uecker

Seit September 2004 gab es ein neues Comedy-Format im Fernsehen (SAT 1), dessen Idee ich sehr faszinierend fand. Der Spielort war die Einraum-Wohnung der Mieterin Cordula Stratmann, die in jeder Folge mehrere Besucher, meistens dem Publikum schon vertraute Freunde, empfing. Die Handlung war nicht vorbereitet. Es gab kein Drehbuch, sondern jede Folge wurde nach einer vorgegebenen Ausgangssituation von den Mitspielern vor Studiopublikum frei improvisiert.

Schwer genug, aber um es noch prickelnder zu machen, gab Spielleiter Georg Uecker, der hinter der letzten Publikumreihe saß, hin und wieder per Knopf im Ohr Anweisungen an die einzelnen Schauspieler, die sofort umgesetzt werden mussten, egal, wie idiotisch sie waren. Während das Publikum die Anweisungen auf einem großen Monitor oberhalb der Bühne ablesen konnte, wussten die Akteure auf der Bühne nicht, wem gerade was eingeflüstert wurde. Ein doppelter Spaß für die Zuschauer.

Ich guckte die Sendung sehr gerne im Fernsehen und wollte sie mir mal live ansehen. Darum kam ich als Zuschauer zur Aufzeichnung ins Studio nach Hürth. Wahrscheinlich war ich dort zum letzten Mal für längere Zeit, denn die ganze Warterei, die wir als ‘Zuschauermaterial’ hinter uns bringen mussten, hat dann doch ziemlich genervt. Wir waren pünktlich vor Ort, erhielten aber keine Informationen über die genaue Anfangszeit, so dass wir wie eine geduldige (oder nennt man die dann blöde?) Schafherde eineinhalb Stunden im Foyer rumstehen und auf das Öffnen der Studiotüre warten mussten. Kaffeefahrten-Prinzip: Keiner traut sich vor das Haus zu gehen, weil es genau in diesem Moment losgehen könnte. Dazu kam dann über Lautsprecher zweimal die Aufforderung doch nochmal die Toiletten aufzusuchen. War ich ein unmündiges Kind?? Also nee, so interessant das als Zuschauer im Studio ist, ich habe viel zu viel zu tun und meine Zeit ist mir zu kostbar, um sie mit so sinnloser Warterei zu verbringen.

Immerhin waren es uns Cordula Stratmann und die Schillerstraße wert, für dieses Mal noch auszuharren. Zwar hin und wieder laut aufseufzend und genervt guckend, aber nur manchmal an eine frühzeitige Flucht denkend. Und je länger es dauerte, umso blöder wäre es gewesen zum Auto zu gehen und einfach nach Hause zu fahren. Mein Gatte guckte müde und knurrte: “Ich hab’ sooo’n Hals! Erinner mich an die Warterei, ehe ich nochmal Karten haben will! Das kann ich mir sparen.”

Endlich durfte das Zuschauermaterial das Studio betreten und die Rolle des Publikums übernehmen. Wir bekamen perfekte Plätze in der Mitte der wenigen Sitzreihen. Genau vor uns war die Bühne mit dem breiten Mauerdurchbruch, durch den man in die Wohnung sehen konnte, und es sah alles wieder mal viel kleiner, als im Fernsehen aus. An der Wohnung gefiel mir besonders, dass sie nicht perfekt aufgeräumt und übersichtlich war, sondern ‘voll’ und ‘bewohnt’ wirkte. Ein bißchen wie bei mir zu Hause, wobei es da zugegebenermaßen noch ‘voller’ und noch ‘bewohnter’ aussieht.

Kurz vor Beginn der Aufzeichnung wurden die Mitspieler vorgestellt. Cordula Stratmann war als Mieterin der Wohnung natürlich immer dabei. Aber wer sonst? Das war spannend. Es gab inzwischen einige gute Schauspieler, die als Freunde der Mieterin regelmäßig vorbeikamen und von denen wir keinen schlecht fanden. Annette Frier kam um die Ecke - ey, klasse! Die fanden wir sehr gut und ich hatte es gerade verpasst Karten für sie als “Nora” im Bauturm-Theater zu bekommen. Als Trost jetzt also in der Schillerstrasse. Maddin Schneider - der Mann mit den langen Gliedmaßen und der langsamen Art, witzig! Und.... Dirk Bach - oh, super!!! Ich stieß meinem Gatten den Ellenbogen in die Seite und grinste hochzufrieden zu ihm rüber: “Für die hat sich das Warten gelohnt!” Das fand er auch, grinste fröhlich und sein Hals sah auch schon wieder völlig normal aus. Der Spielleiter Georg Uecker begrüßte das Publikum kurz, erklärte, dass es die erste Aufzeichnung über volle 60 Minuten für den neuen, besseren Sendeplatz am Donnerstag sei, ging zu seinem Pult und es konnte losgehen.

Die Vorgabe war: Cordula Stratmann war ungeplant schwanger und hatte ihr Freunde über diese Tatsache informiert. Die kamen jetzt nacheinander an, um ihr irgendwie beizustehen.














Zuerst kam ein fürsorglicher Dirk Bach, der eine Babypuppe zum Üben mitbrachte, sich Sorgen machte, ob es Cordula gut ginge und sie reif genug für ein anstrengendes Baby wäre. Maddin kam etwas später, glaubte, er wäre der Vater und freute sich über den Nachwuchs, was Cordula zur Verzweiflung brachte, weil er bis zum Schluß nicht kapierte, dass sie dazu vorher Sex gehabt haben müssten. Hatten sie aber nicht. Annette Frier war eher entsetzt über die Neuigkeit und brachte planvoll einen Schwangerschaftstest mit.














Es war sehr interessant zu beobachten, wie aufmerksam die Akteure waren und wie schnell sie oft auf eine Vorlage des Mitspielers eingingen und damit die Geschichte sofort eine völlig andere Wendung nahm. Improvisieren ging nur mit hellem Kopf und spontanem Witz, und da Maddin so betont langsam war, kam er auch nicht mit schnellen Einwürfen zum Einsatz, sondern nur, wenn er mit Zeit eine Bemerkung in den Raum sprechen konnte. Die war allerdings oft so abgedreht, dass auch die Darsteller überrumpelt losgrinsen mussten.

Sehr schön war es, wenn Georg Uecker eine Anweisung gab, das Publikum, das diese sofort lesen konnte, fröhlich loslachte, und damit die Schauspieler auf der Bühne gewarnt waren, dass gerade einer von ihnen angeflüstert wurde. Das improvisierte Gespräch stockte dann oft und die Nicht-Angeflüsterten waren extrem angespannt, um zu erkennen, wer jetzt worauf hinaus wollte, in welche Richtung das Spiel ging und wie sie reagieren konnten

Das war nicht immer ganz einfach, denn Anweisungen wie: “Cordula, dein Bauch wächst!” mussten ja erstmal eingebaut und möglichst logisch umgesetzt werden. Erstaunt blickten die anderen dann Cordula hinterher, die plötzlich ohne Erklärung vom Sofa aufsprang, vor dem Spiegel ihren Bauch ansah und verzückt: “Das gibt es doch nicht!” rief. Was wollte sie aussagen, was hatte ihr der Spielleiter als Anweisung gegeben?

Manchmal war es superwitzig, was zu sehen und zu hören war, und ich lachte laut los, aber an manchen Stellen spielten sich die Darsteller auch in Sackgassen, in denen es nicht weiterging. Das Gespräch wurde dann ausgebremst, langsamer, plätscherte ziellos vor sich hin, und ich hätte mir gewünscht, dass der Spielleiter dann schneller und vor allem öfter mal eingegriffen hätte. Eine neue Anweisung hätte den Darstellern die Möglichkeit gegeben eine andere Richtung einzuschlagen und damit sofort wieder Schwung in das Spiel gebracht. Schade, dass es da manchmal minutenlang dümpelte. Aber ich weiß natürlich nicht, wie lange es dauert einen Text für den Monitor einzugeben und ob Georg Uecker nicht abwartete, weil er hoffte, die Schauspieler würden von alleine in Schwung kommen. Manchmal klappte das ja auch durch eine einzige blöde Bemerkung ganz fix.














An einer Stelle bekam der langsame Maddin eine Anweisung und schaffte es zuerst überhaupt nicht, die lebhafte Unterhaltung seiner Partner zu unterbrechen. Das Publikum war hochgespannt und bemerkte lachend und kichernd seine zunächst vergeblichen Versuche den Satz anzubringen, bis er es endlich geschafft hatte. Für die Zuschauer war es immer sehr witzig, wenn eine besonders dämliche Anweisung eingeflüstert wurde und der Angesprochene entsetzt stockte und dann mit großen Augen in Richtung des Spielleiters guckte. War der jetzt übergeschnappt? Wie sollte das denn eingebaut werden?














Ich fand es spannend zu beobachten, wie auf der Bühne mit Worten hin und her geworfen wurde, plötzlich die Gesprächsrichtung gewechselt wurde und sofort alle in die gleiche Richtung mitliefen. Hohe Konzentration war zu spüren, aber trotzdem auch der Spaß am Spiel und die Freude, wenn es gelang und schnell, witzig und logisch war. Die vier Schauspieler waren ein sehr gutes Team, das einander zuhören konnte, auf die Bemerkungen anderer einging und mit- und nicht gegeneinander spielte. Dirk Bach halte ich ja sowieso für einen ganz wunderbaren Schauspieler, auch Annette Frier ist sehr gut, überzeugend und mit trockenem Humor ausgestattet, Cordula Stratmann ist witzig, natürlich und kann blitzschnell reagieren, und Maddin Schneider macht durch seine langsame Sprechweise und die umständliche Bewegung seiner langen Beine und Arme Spaß beim Beobachten.

Die Atmosphäre auf der Bühne wirkte vertraut und sehr freundschaftlich. Manchmal hatte ich wirklich das Gefühl, dass Cordula Stratmann in den Kulissen wohnte und eng mit Dirk Bach und Annette Frier befreundet war, weil die Bemerkungen und Gesten so privat und liebevoll rüberkamen. Maddin blieb da ein bißchen außerhalb, was aber an seiner Art lag.

Am Schluß der Aufzeichnung gab es eine Auflösung der Situation und damit das Ende der Folge, die von den Spielern merkbar nicht abgesprochen war. Das Ergebnis des Schwangerschaftstests war da, aber keiner wollte sich klar dazu äußern. Jeder blieb vorsichtig, sagte Sätze, die unverbindlich waren und wartete ab, wie die anderen reagieren würden. Erst als das Ergebnis dann ausgesprochen war, bekräftigten es alle, und mit dem Abschluß der Geschichte war auch die Aufzeichnung beendet.

Es gab viel Applaus, die Stunde als Zuschauer im Studio hatte Spaß gemacht und war sehr kurzweilig gewesen. Wenn man einmal so nah im Studio dabei ist, sieht man alle weiteren Folgen am Bildschirm ganz anders und viel intensiver an. Allerdings kann ich den Studiobesuch nur Leuten mit Zeit empfehlen, denn die Wartezeit davor kann blödsinnig lang sein.

Die Sendung lief übrigens am 27.1.2005
Die Bilder sind aus der TV-Ausstrahlung.

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