2. September 2002
Als Zuschauer bei der Sendung  
ZIMMER FREI                   WDR-Studio, Köln








Christine Westermann,
Götz Alsmann
und
Till Brönner

 

Die Dame am Empfang im WDR-Gebäude reagierte zunehmend genervt, als immer wieder Zuschauer nachfragten, wo sie sich für die “Zimmer-frei-Sendung” melden sollten, und sie schickte schließlich alle Wartenden nach draußen vor das Gebäude. Na klar, für die mürrisch guckende WDR-Mitarbeiterin war das die tägliche Ansammlung von ”Zuschauermaterial”, aber woher sollte das uninformierte Material wissen, wann es dran war und wo es hin sollte? Ein kleiner Zettel außen an der Scheibe mit den wichtigsten Informationen für die Zuschauer hätte da Wunder gewirkt und die Nerven der Dame geschont. Da Rüdiger und ich inzwischen sehr erfahren als Zuschauermaterial waren, guckten wir geduldig zu, wie sich Leute an uns vorbei zur Empfangsdame begaben und von dort sofort wieder nach draußen kamen.

Eine Minute vor halb fünf, also etwa 60 Sekunden zu früh, begaben wir uns als großer Pulk auf die Dame hinter der Scheibe zu, und sie traute sich nicht, uns wieder nach draußen zu schicken. Na, der hatten wir es aber gezeigt! Sie holte jedoch zum Gegenschlag aus, stellte sich schnell neben der Tür zum nächsten Raum auf und befahl barsch: “Immer nur zehn eintreten!” Da sowieso nur maximal 10 Leute in die Schlange bis zum Tisch mit den Eintrittskarten passten, konnten wir uns nicht mal renitent verhalten, sondern mussten brav gehorchen. Also nee, ich dachte immer, die Empfangsdame würde das Bild eines Unternehmens widerspiegeln und müsse darum nett, höflich und geduldig sein.

Ansonsten war aber alles prima geregelt, die Namen auf der Liste wurden abgehakt, die Taschen an der Garderobe abgegeben, und überall standen Mitarbeiter, um den richtigen Weg zu zeigen und zu verhindern, dass irgendwelche Zuschauer abdrifteten. Leider war das System nicht lückenlos, denn als wir um eine Ecke bogen, hielt uns ein netter, junger WDR-Mann die Türe weit auf und wir folgten ihm durch einen Flur bis in ein Büro. Ein niedriger Tisch, ein paar Sessel - häh? Das war doch kein Studio! Plötzlich fiel ihm auf, dass er eigentlich nur die junge Dame, die vor uns gegangen war und scheinbar nicht zu den Zuschauern gehörte, dort haben wollte und er sagte verwirrt: “Nee, Sie nicht!” Hinter der vorherigen Glastür wollte uns eine hektisch winkende WDR-Wegweiserin zurückhaben und ich grinste über die Panne und wunderte mich, warum der junge Mann uns erst so freundlich die Türe aufgehalten hatte.

Nach längerem Weg (ich bin überzeugt, dass der WDR die komplette Kölner City mit mindestens 5 unterirdischen Stockwerken flächendeckend unterkellert hat!), standen wir endlich mit einem Freigetränk in der Hand vor Studio B. 4 Meter hohe, graue Stahltüren schlossen das Studio vor uns ab, ein grün leuchtendes Lämpchen signalisierte “Probe”, und ein Schild informierte, dass kein Essen ins Studio gebracht werden dürfe. Schon wieder Wartezeit, aber immerhin mit schöner Götz-Alsmann-Musik. Wir überlegten, was für Plätze wir uns suchen wollten. Mittig, aber ziemlich weit hinten erschien uns passend, um vor öffentlicher Mitarbeit geschützt zu sein, und gleichzeitig unauffällig Notizen über die Sendung machen zu können. 

Endlich ging die Eingangstür auf und die Nummer des Sitzplatzes war überraschenderweise auf der Eintrittskarte. Nichts mit Aussuchen, aber hey - wir saßen ziemlich mittig in der letzten von 6 Reihen. Perfekt! Unter den Sitzen warteten die rot-grünen Karten auf die Abstimmung am Ende der Sendung und wir versuchten sofort zu erraten, wer der Gast sein könnte. Das Zimmer für ihn zeigte ein kleines Haus an einem zugewachsenen See. Sehr europäisch, aber die Dekoration auf dem Tisch im Hauptraum passte nicht dazu, denn sie sah mexikanisch aus. Wer konnte der Gast sein, dem Mexiko und ein romantisches Haus am See wichtig waren? Mir fiel da überhaupt keiner ein und ich hatte nicht mal den Funken einer Ahnung, wer gleich neben Christine Westermann und Götz Alsmann im Studio stehen könnte. Aber eigentlich war es mir auch egal, denn ich fand die Sendung mit ihren Moderatoren toll und freute mich mal dabei zu sein.

Christine Westermann betrat das Studio und sah noch netter als im Fernsehen aus. (Außerdem auch viel zierlicher.) Sie probte mit dem Publikum einen lauten Applaus und wies dabei auf den hochsensiblen “Götzi-Mausi” hin, der den für sein Wohlbefinden brauchen würde. Es war der langsamste und bedächtigste Warm-up, den ich bis dahin erlebt hatte, aber die sympathische Art von Christine Westermann reichte aus, um das Publikum ganz aufmerksam zu machen. “Kann es sein, dass sie für manche Männer zu intelligent ist?” flüsterte Rüdiger mir zu, und ich mußte nickend zustimmen, denn sie wirkte absolut souverän und kompetent, als sie mit ruhiger Stimme etwas über die Sendung erzählte und auch darauf hinwies, dass viele Künstler-Sensibelchen die roten Abstimmungskarten am Schluß der Sendung als persönliches Versagen interpretieren würden, eine möglichst grüne Karte darum nett wäre. “Aber stimmen Sie ab, wie Sie wollen!” ergänzte sie schmunzelnd und erinnerte nochmal an den kräftigen Applaus für Götz Alsmann, der in diesem Moment erschien.

Natürlich donnerte das Publikum los und Götzi kam sehr lässig und extrem cool ins Studio. Langsam und den Applaus wie ein Star genießend, kam er herein, um dann aber sofort fetzig aufzudrehen. Ungeheuer schnell redete er los, sprang ins Publikum, stellte überraschende Fragen, auf die er sofortige Antworten wollte, brüllte herum und zog eine wirklich witzige Show ab. “Das ist eine Bühnensau!” grinste Rüdiger anerkennend, und das Publikum war bester Stimmung. Christine Westermann sah dem Treiben vom Hintergrund aus ruhig zu und überließ ihrem wirbeligen Kollegen die Bühne. Kein Problem für sie, denn zu ihr würde so ein Verhalten überhaupt nicht passen, während es für Götz Alsmann die Hölle wäre, einen direkten Konkurrenten neben sich zu haben. So ergänzen sich beide, jeder hat seinen eigenen Bereich und keine Ambitionen die Rolle des anderen zu übernehmen. Ein wirklich tolles Moderatoren-Team, das ich mir in dieser Sendung nicht besser und netter vorstellen könnte.

Die Aufzeichnung begann, die “Zimmer-frei”-Musik war zu hören, und lauter Applaus, polterndes Getrampel und Jubelrufe begrüßten Christine Westermann und Götz Alsmann. Witzigerweise war ihre gegenseitige Vorstellung im Studio kaum zu hören, sondern musste von den Lippen abgelesen werden, weil die Zuschauer zu laut applaudierten, aber als erfahrene TV-Guckerin wußte ich auswendig, was sie sagten. Außerdem war es ja eine Aufzeichnung und ich konnte alles später nochmal in Ruhe vor dem Fernseher ansehen und anhören. Der Gast war “für die Damen”, hatte mit “Jazz” zu tun, konnte “Trompete spielen” und war: Till Brönner. Hey, den Namen kannte ich sogar, ich wußte, dass es ein superguter, junger Jazztrompeter war.

Allerdings hatte ich nicht geahnt, dass die drei Kameras bei den Gesprächen die ganze Zeit penetrant zwischen den Akteuren und dem Publikum stehen würden, so dass doch recht wenig zu erkennen war, zumal bis zu zehn Leuten (Regieassistent, Kameraleute, Kabelträger, ...) neben den Kameras standen.


Ich bekam immerhin mit, dass die mexikanische Deko zu den Nachos passte, die Till Brönner oft aß und lauschte dem deutlich hörbaren Knacken, als die drei Nachos futterten.


Till Brönner war sehr nett, sehr normal und sehr sanft. Äußerst sympathisch, aber kein Gast, bei dem Götz Alsmann hin und wieder treffende Bemerkungen oder Witze machen konnte, denn das Gespräch, das Christine Westermann fast alleine führte, war ruhig und ernsthaft.




 

Erst bei einem Spiel, bei dem mit Brühwürstchen zwischen Lippen und Zähnen dicke Lippen imitiert und dazu der Cliff Richard-Song “Dicke Lippen soll man küssen” gesungen werden musste, wurde es sehr witzig und albern. Zum Weglachen!



















Danach dann ein Beitrag mit “richtiger Musik”, als Götz Alsmann mit Till Brönner zusammen “Nature boy” von Nat King Cole spielten. Selten genug hat Götz einen richtig guten Musiker in der Sendung, und so wurde das auch keine abgedreht lustige Sache, sondern ein sehr ruhig und ersthaft vorgetragenes Jazzstück. Perlendes Klavier, eine sanft hauchende Trompete (sah aus wie ein Horn, aber war wohl eine Trompete) und wunderbar sanfter Jazz.
(Nachtrag vom 25.9.2002: Vor einigen Tagen bekam ich über das Gästebuch den Hinweis, dass es sich um ein Flügelhorn handelt. Danke, unbekannter Jazzer!)












Viel Gelächter auch beim Bilderrätsel, dem Angstpunkt der Gäste, die meistens wie blöd davorstehen und nicht auf die zugegebenermaßen sauschwere Lösung kommen. Diesmal stand ein alter Mann vor einer großen Torte und versuchte vergeblich die vielen Kerzen röchelnd auszupusten. Häh?? Da ich als Zuschauer vor Ort keine Einblendung mit dem Lösungswort sehen konnte, (normalerweise meine einzige Chance die Lösung frühzeitig zu erkennen), war ich genauso blöd wie der arme Till Brönner. Pusten? Blasen? Geburtstagspusten? Pustekerze?? Luftkuchen?? Hähh???Wer die Lösung jetzt nicht erfahren, sondern lieber selber raten möchte, sollte in Ermangelung eines Gongs vor und nach der Einblendung des Lösungswortes den folgenden Klammerinhalt NICHT lesen, sondern erst ab dem nächsten Abschnitt weiterlesen!
(Es ging bei dem Bilderrätsel nicht um “zu wenig pusten”, sondern um “schwaches Blasen” und das Lösungswort war die “Blasenschwäche”. Urgs.)

Mit Christine sah sich Till danach sein Zimmer an, es ging um den Gardasee und das Angeln und wieder war es nicht lustig. Till Brönner war einfach nicht der Typ, mit dem man in der Sendung lockere Witzchen reißen, oder turbulent durch das Studio toben konnte. Er erzählte mit ruhiger, melodischer, sanfter Stimme und ich fühlte mich fast wie beim Therapeuten. Ich glaube, er ist wirklich sehr nett und humorvoll, zeigte sich an diesem Abend aber auch extrem ausgeglichen und ruhig. Dadurch war Götz Alsmann natürlich ziemlich lahmgelegt, denn alle Zwischenrufe wären nur unpassend gewesen.

Als dann aber zum Thema “Fliegenfischen” mit Hilfe von Fliegen-Klebestreifen dicke, fette Fliegen von einer Aufschnittplatte gesammelt werden mussten, war es wieder sehr witzig. Das anschließende Wohnzimmergespräch wurde durch ein lautes DING-DONG unterbrochen und Nachbarin Annemie Hülchrath spazierte herein.




Sie brachte Till Brönner als Geschenk dessen eigene CD mit und bat gleichzeitig darum, sie für ihren Helmut auf eine Kassette überspielt zu bekommen. Götz Alsmann wollte das übernehmen, steckte die CD ein und versprach sie danach an Till Brönner zu schicken.




Zum Abschluß gab es dann ein weiteres Lied, bei dem Till Brönner hauptsächlich sang und dabei eine weiche Schmusestimme hatte. Nicht sehr kräftig, aber sanft, schön, ruhig, irgendwie so sanft, schön und ruhig wie der ganze Mensch Till Brönner.

 

Die Publikumsabstimmung am Ende der Sendung ergab dann eine einstimmig grüne Bewertung, die sagte, dass er als Anwärter für das Zimmer in die engere Wahl gekommen war.

 










Mein Fazit: Es war sehr schön, mal Zuschauer bei einer Sendung von “Zimmer frei” gewesen zu sein. Christine Westermann und Götz Alsmann waren sehr nett und live irgendwie noch besser als im Fernsehen. Till Brönner war auch äußerst sympathisch, aber zu sanft und ruhig, um die Sendung fetzig und witzig zu machen. So wurde es kein Highlight der “Zimmer frei” Reihe, sondern eine unerwartet ruhige Unterhaltung. Eigentlich etwas schade, denn die turbulent-albernen Ausgaben finde ich eigentlich schöner.
 

Die Musik war klasse, die Spiele und das Rätsel auch, und ich werde sicher nochmal zu einer Sendung gehen, wenn ich an Karten komme. Aber das ist leider genauso sauschwer wie das Bilderrätsel.

9.10.2002  Nachtrag:  Es könnte vielleicht so aussehen, als ob ich die Sendung und den Gast etwas langweilig fand, aber das stimmt nicht. Till Brönner war wirklich sehr nett und sympathisch, und wie ich später seinem Gästebuch entnehmen konnte, haben sich beim Gucken der Sendung eine Menge Frauen spontan in ihn verliebt. *grins* Er ist eben so ein sanfter ‘Frauenversteher’ mit schönen Augen.

Allerdings mag ich “Zimmer frei” gerade wegen der verrückten Aktionen und finde eine albern aufgedrehte Atmosphäre witzig, die mit Till Brönner nicht aufkommen konnte. Er war eben einfach zu ruhig und nett. (Ich bin davon überzeugt, dass Till Brönner in anderen Situationen ziemlich aufdrehen kann!) Außerdem war Götz ganz sanft, weil er sich wohl sehr freute, einen so tollen Musiker als Gast zu haben. Den wollte er nicht mit billigen Späßchen vertreiben. Mir persönlich fehlte also das Turbulente in der Sendung, aber gut war sie trotzdem. Nur eben etwas seriöser.

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