Seite 1:  Ich baue einen Grillplatz   Woche 1-5

WOCHE 1
26. Juni 2005
Es geht los. Mit Spitzhacke und entschlossenem Blick bahne ich mir einen ersten Pfad. Da ich nebenbei noch Filme schneide, Konzerte besuche, Berichte schreibe, Illustrationen mache und einen Haushalt und eine Familie habe, kann ich nicht durchgehend mit der Machete durch den Dschungel ziehen, aber ich versuche es als Sommer-Projekt zu sehen. Andere buchen teuren Abenteuerurlaub - ich baue eine Grillecke.








Hauptgegner sind Brennesseln und Brombeerranken, die sich kräftig zur Wehr setzen. Meine Arme und Hände sehen dementsprechend aus.

Ich fahre zum Baumarkt und informiere mich über Preise von Steinen, Palisaden, Treppenstufen und Holz. Meine Pläne über eine Grillecke mit Pavillon,verschiedenen Terrassen und 30 Quadratmeter Granitpflasterfläche streiche ich danach stark zusammen. Den künstlichen Wasserfall hatte ich schon vorher verworfen. Soll ich jetzt lieber eine wasserfeste Grillhütte bauen, oder eine große Sitzfläche pflastern? Beides zusammen geht finanziell nicht. Und wer schleppt mir eigentlich die Sachen den ganzen Hang bis oben in meinen Garten hoch?


WOCHE 2
3. Juli 2005
Auf dem Weg zum Briefkasten unterhalte ich mich mit einem Nachbarn, der seinen Vorgarten neu gestaltet. Er schenkt mir 10 Quadratmeter alte Bodenplatten, die er gerade wegwerfen will und bringt sie sogar mit dem Laster bis vor’s Haus. Toll!
Die freie Fläche am Grillplatz wächst ebenso wie der Berg von ausgerissenen Brombeerranken und Brennesseln und die Anzahl der Schrammen und Dorneneinstiche auf meinen Armen und Beinen.




WOCHE 3
10. Juli 2005
Ich vermute, dass ich am Ende des Sommers tiefgebräunt und muskelbepackt durch die Gegend laufen werde. Die tägliche Arbeit an der frischen Luft und das schwere Schleppen von Erde und Betonplatten wird mich fit machen. Oder kaputt.

Es surrt und summt. Ein Bienennest genau am Grillplatz lässt mich zwangspausieren. Ich hoffe, dass sie auf der Durchreise sind und in den nächsten Tagen zum Weiterflug starten. So schön ist mein Grillplatz doch auch noch nicht, dass sie sich da niederlassen und mir argwöhnisch um den Kopf kreisen müssen. Ich denke an Sparerips mit Honigsoße und warte ab.



WOCHE 4
17. Juli 2005
Die Bienen sind nach zwei Tagen Aufenthalt plötzlich verschwunden. Entweder hat sie mein Gedanke an die Honigsoße verwirrt, oder sie fanden den Unterhaltungswert in diesem Garten nicht mehr hoch genug, nachdem ich nicht weiter gummibestiefelt und mit Brombeerranken schimpfend und den Brennesseln drohend in ihrer Nähe arbeiten wollte.












Beim Roden finde ich Sachen, die bis dahin zugewuchert und verborgen waren. Einen alten Schlauchwagen, den ich schon länger vermisst habe, einen Pflaumenbaum, der inzwischen vom Setzling zu zwei Meter Höhe gewachsen ist und eine Axt, die vermutlich mein Sohn zum Spielen benutzt und in der Wildnis vergessen hat. Vielleicht hat er sie auch nur gut versteckt und gedacht, dass Mama die da nie findet. Tja, Pech gehabt.

Als der Boden frei und der Unkrautberg riesig ist, kommt meine Höllenmaschine, wie ich sie respektvoll nenne, zum Zug. Sie ist eine zickige, alte Fräse, die mir schon mal ein Fingergelenk angebrochen hat und mich hinterlistig und boshaft mit voller Kraft über das Gelände ziehen kann. Sie ist eindeutig stärker als ich und bestimmt selber, wo es langgeht. Außerdem entscheidet sie, ob sie überhaupt angehen will oder lieber keinen Muckser tut. Erstaunlicherweise bequemt sie sich nach der langen Winterpause zu funktionieren. Der Benzimotor knattert, hin und wieder qualmt es, die Höllenmaschine zieht und buddelt vorneweg und Anette hängt sich quer hintendran und versucht irgendwie die Spur zu halten. Leute, die dabei zugucken, halten sich die Bäuche vor Lachen und das Ganze für eine Comedynummer. Aber es ist bitterer Ernst. Nach 30 Minuten fräsen tut mir jeder Muskel weh, die Höllenmaschine grinst zufrieden, weil sie mich durch die Gegend und in alle Löcher gezogen hat und ich wanke völlig fertig zum Haus. Aber immerhin ist die oberste Bodenschicht gelockert. Da das Gelände schräg ist, muss es aber noch begradigt und dafür weiter gelockert werden. Oh, je. Ich sehe vor mir, wie ich später lässig auf meine Grill-Oase weise und sage: “Ich habe mir dort einfach mal einen Grillplatz gemacht”, kann die Szene aber nicht ausspielen, weil mir die Arme und der Rücken zu weh tun. 



WOCHE 5
24. Juli 2005
Der Rasenmäher-Man war da!! Wer die neue Wise Guys DVD gesehen hat, wird wissen, wen ich meine. Es ist die immer noch nicht genau identifizierte Person (ich vermute sie männlich) aus einem der angrenzenden Nachbargärten, die beim Video-Interview mit Ferenc mehr als 40 Mal den Rasenmäher anstellte und damit empfindlich störte. Die Rasenmäher-Outtakes auf der DVD sind nicht nur lustig geworden, sondern auch ein Beispiel für fast unzerstörbare Stahlnerven von A-cappella-Bässen. Auf jeden Fall war der Rasenmäher-Man wieder in der Nachbarschaft am Werk, als ich in der Grillecke mit einer Hacke unterwegs war, um die Ränder zu bearbeiten. Da keine Videoaufnahme mitlief, sah ich die akustischen Störungen lässig und lachte nur bei jedem An- und Abstellen des Motors laut los. Die anderen Nachbarn, die mich eventuell hören konnten, werden sich ein eigenes Bild von der blonden Frau in Gummistiefeln gemacht haben, die auf öder Erde rumhackte und alle Rasenmähergeräusche total lustig fand. Soll ich den Rasenmäher-Man eigentlich zur Einweihung einladen? Wenn ja, mit oder ohne Rasenmäher?

Um jetzt das Foto von mir in Gummistiefeln und mit Hacke zu vermeiden, setze ich eins von Ferenc rein, der zwar damals keine Gummistiefel trug, aber nur wenige Meter von der zukünftigen Grill-Oase entfernt den Rasenmäher hörte. So kommt doch noch etwas Showwelt und Glamour in den staubigen Grillplatzbericht.

Ansonsten muss ich mir jetzt mal dringend konkrete Gedanken über die Gestaltung machen, bevor ich die Erde von rechts nach links wälze und dann doch wieder auf der rechten Seite brauche. Dann muss das Material durchgerechnet und im Baumarkt bestellt werden. Ein Sitzplatz mit regensicherem Dach soll hin, ein gepflasterter Kreis aus kleinen Basaltsteinen und ein paar Pflanzen, die auch bei wenig Wasser wild wuchern und alles malerisch zuwachsen lassen. Achja - und ein Grill.

Wenn ich zwischendurch Betonplatten nach oben schleppe und dabei daran denke, was noch alles zu tun ist, wie viel Sand, Kies und Material noch nach oben zu wuchten ist, überlege ich, ob ich wirklich einen Grillplatz brauche. Schon nach fünf Betonplatten finde ich, dass man Würstchen auch in der Pfanne braten kann.



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